Umwelt- und Klimabewegung bewegt sich!

Am 24. Juli 2021 kam eine große Klimaschutzorganisation zur Demonstration für den Erhalt des Kernkraftwerks Grohnde: Fota4Climate aus Polen.

Schon zum zweiten Mal kommen sie mit einem Reisebus den weiten Weg zu einem deutschen Kernkraftwerk, um gemeinsam mit ihren deutschem Verbündeteten für den Erhalt unserer Kernkraftwerke zu kämpfen.

Beispiele für pronukleare Klimaschützer in Europa und den USA

Es gibt sie also schon: Klimaschutzorganisationen, die Kernenergie als Teil der Lösung akzeptieren, z.B. auch die britisch-französische Organisation Saving our planet oder die norwegischen Klimafreunde Klimavenner for Kjernekraft.

Außerhalb von Deutschland sind sogar Grüne Parteien zu neuen Einsichten bezüglich der Kernenergie gekommen: Die Grünen in Finnland (Website in Englisch) und Grüne in England. Neu dazu gekommen sind dieses Jahr auch die Grünen in Norwegen, die planen, Kernkraft in ihr Programm aufzunehmen. (Die Grünen heißen in Norwegen MDG, Miljøpartiet De Grønne, „Umweltpartei Die Grünen“.)

Die linke polnische Partei Razem ist ebenfalls pronuklear. Die tschechische Piratenpartei hat mit Ivan Bartos einen grünen Kernenergiefreund als Parteichef, der tschechischer Premier werden könnte.

Andere Umwelt- und Klimaschützer haben sich von vornherein pronuklear neu organisiert, wie die Kampagne Emergency Reactor in England, deren prominentes Gründungsmitglied Zion Lights von der radikalen Klimaschutzbewegung Extinction Rebellion kommt. Auch die polnische Online-Organisation Zielony Atom (Grünes Atom) und die deutschsprachige Ökomoderne zählt dazu, aber dazu später mehr.

USA als ökomoderne Vorreiter

Dieser Trend kommt auch aus den USA. Bereits 2018 hat sich dort die renommierte linke Union of Concerned Scientists kritisch, aber positiv zur Kernenergie geäußert.

Der Environmental Defense Fund (EDF) und die Clean Air Task Force veröffentlichten im März 2021 eine Studie für Kalifornien, die besagt, dass Kernenergie für die Dekarbonisierung zwingend ist.

Weitere Organisation in den USA äußerten sich zur Kernenergie als Teil der Lösung des Klimaproblems: Das Center for Climate and Energy Solutions und, wenn auch noch zurückhaltend, das Natural Resources Defense Council, welches 1970 von Jurastudenten und Anwälten für die Umweltschutzbewegung gegründet wurde.

Auch in den USA wurden pronukleare Vereinigungen gegründet, z. B. Michael Shellenbergers Environmental Progress. Das Ökomoderne Manifest von 2015 (deutsche Version), welches mit Michael Shellenberger entstand, führte unter anderem zur Gründung der deutschsprachigen Ökomoderne.

Weltklimarat: Ohne Kernenergie geht es nicht zu 1,5 °C

Der Weltklimarat IPCC hat es durchgerechnet: 1,5 °C bis 2050 ist, neben vielen weiteren Maßnahmen, nur mit Kernenergie zu haben. In Deutschland wird das weitgehend ignoriert. Doch immer mehr Menschen ändern ihre Meinung, hören zu und schließen Kompromisse. Letztes Jahr (2020) mündete ein solcher Kompromiss zwischen Kernkraftbefürwortern und Erneuerbare Energien-Verfechtern im Moormann-Wendland-Memorandum. Auch in diesem Jahr sind Skeptiker und Befürworter der Kernkraft miteinander ins Gespräch gekommen.

Das Erreichte bleibt oft im Verborgenen. Gerade bei Politikern kommt es häufig vor, dass sie privat die Bedeutung von Kernkraft für den Klimaschutz anerkennen. Da ihnen das politische Aus droht, wenn sie damit in die Öffentlichkeit gehen, sagen sie lieber gar nichts zur Kernkraft. Das betrifft in Deutschland sogar konservative Politiker!

In der gedruckten Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 6. September 2020 erschien ein ganzseitiger Artikel über das Moormann-Wendland-Memorandum, welches mit einem bemerkenswerten letzten Absatz schließt: Er bestätigt, dass mehrere grüne Spitzenpolitiker in Deutschland im Privaten den Atomausstieg bedauern. (Quelle: FAS vom Sept. 2020, ohne Abo lesbar hier im Tweet von Veronika Wendland)

Dir brennt der Klimaschutz unten den Nägeln – wo bleibst Du?

Deutsche Umwelt- und Klimaschützer tun sich aus historischen Gründen schwer: Die Anti-AKW-Bewegung hat uns die Angst vor einem schweren Atomunfall so sehr eingebläut, dass wir jahrzehntelang die Kohlekraft als kleineres Übel akzeptiert haben. In Wirklichkeit aber war sie das größere. Wir wurden so zu Beschleunigern der globalen Klimakatastrophe und der Luftverschmutzung.

Statt auf hypothetische Atomopfer zu starren, sollten wir besser lebende Menschen, Tiere und Landschaften retten. Das können wir tun, indem wir die Atomkraft in einer nüchternen Abwägung bewerten.

Wissenschaftler haben errechnet, dass die Atomkraft trotz der bekannten Unfälle zu den sichersten Industrien gehört, die wir haben. Die Kernenergie hat ca. 1,8 Millionen Menschenleben gerettet, indem sie Kohlekraftwerke ersetzte und mit schädlichen Luftschadstoffen Schluss machte. Luftverschmutzung ist laut WHO der Killer Nr. 1 der modernen Welt, Atomtote kommen in dieser Statistik wegen ihrer geringen Zahl gar nicht zum Tragen. In Deutschland, wo es nie einen Atomunfall gab, halfen die KKW hunderte Millionen Tonnen CO₂ einzusparen – und bewahrten Zehntausende Menschen vor einem vorzeitigen Tod durch Luftverschmutzung.

Deutschland baut stattdessen klimaschädliche Gaskraftwerke und importiert zeitweise die Produktion von drei französischen Kernreaktoren. Es ist an der Zeit, dass Öko-Pragmatiker und Realisten den Mund aufmachen und laut werden. Die falsche Ausstiegsreihenfolge muss korrigiert werden: Kohle, Erdöl und Erdgas müssen zuerst weg, Kernenergie vielleicht später, je nachdem, ob und wie erneuerbare Energien und Stromspeicher diese Funktion übernehmen können. Deswegen protestieren wir vor den letzten deutschen Kernkraftwerken gegen deren Schließung. Mach mit! Act Now!

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