Stand Up For Nuclear in Brüssel, 11. September 2021

Pronukleare AktivistInnen aus Deutschland, u.a. von der Nuklearia, beteiligten sich am Stand Up For Nuclear mit etwa 300 Menschen in Brüssel (Belgien) am 11. September 2021. Die GraswurzelaktivistInnen, die sich 2018 unter dem Namen “Nuclear Pride Coalition” gründeten, hatten international zu der Veranstaltung eingeladen.

Klimakrise? Kernkraft! Nachdem dieses Transparent im Sommer auf 11 Kundgebungen gezeigt wurde, war es nun in Brüssel zu sehen!

Thema war die drohende Schließung der sieben belgischen Kernkraftwerke – #SaveBEL7 – sowie die Aufnahme der Kernkraft in die europäische Finanzierungstaxonomie als besonders fördernswerte, weil grüne, klimaschützende Technologie. Mit dieser Klassifizierung ist der Neubau von Kernkraftwerken einfacher, da die Kredite günstiger sind.

Kernenergie? Natüürlijk! Lets CO2L our planet down!

Bereits vor dem offiziellen Beginn hatten sich schon so viele Menschen versammelt, dass einzelne junge Leute mit deutschsprachigen Anti-Atom-Shirts schnellen Schritts das Weite suchten.

Aus einem Dutzend europäische Länder kamen pronukleare AktivistInnen, dazu etwa 50 ArbeiterInnen aus den belgischen Kernkraftwerken.

Regen und Tanzeinlage

Während ein kurzer Schauer abflaute, tanzten sechs große Eisbären auf dem Platz Macarena. Danach im Gangnam-Style kamen immer mehr tanzende AktivistInnen dazu. In kürzester Zeit war der Platz wieder voll Menschen.

Der belgische Moderator sorgte dafür, dass alle warm wurden und auch gemeinsame Parolen gerufen wurden – “On est plus chaud – plus chaud – plus chaud que le climat” (Wir sind heißer als das Klima). Im Hintergrund ist Organisatorin Paris Ortiz-Wine mit erhobener Faust zu sehen.

Reden aus elf Ländern

15 RednerInnen aus 11 Ländern füllten je nur wenige spannende Minuten. Vertreten waren Belgien, Finnland, Estland, Frankreich, England, Polen, Italien, Deutschland, Niederlande, Südkorea und Amerika. Zum Anfang redet Paul Bossens von der belgischen Organisation 100 TWh.

bewegende Rede der polnischen Aktivistin

Für die polnische Umweltschutzorganisation Fota4Climate sprach Adam Błażowski und eine Biologiestudentin, die auch Mitglied im polnischen Jugendklimarat ist. Sie sprach davon, dass in ihrer Generation täglich an das Klima gedacht wird. Deswegen haben viele Ängste und Depressionen und daher muss die Jugend aktiv werden. Sie möchten über den Klimawandel informieren und dagegen kämpfen.

Dass Deutschland Kernkraftwerke mit Gaskraftwerken ersetzen will, findet sie wahnsinnig. Ihre anschließenden Worte, dass die Jugend pragmatische ökologische Bewegungen braucht gingen ihr beinahe in Tränen unter.

Aktuell steht es sogar noch schlimmer, da Deutschland die Gaskraftwerke laut Artikel zur Stromversorgung in Der Zeit vom 8.9.2021 noch gar nicht fertig hat und statt dessen mit Kohlekraftwerken plant. Für Polen, welches mit Kernkraft aus der dreckigen Kohle heraus will ein No Go.

Fota4Climate aus Polen auf der Bühne

Mehrheit für Kernkraft im Haus Illinois

Mark Nelson aus Amerika berichtete vom Erfolg einer langen Klimaschutz-Kampagne für die Kernenergie im Bundesstaat Illinois: Das neue Energiegesetz, welches den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke sichert, ist mit einer Mehrheit durch das Repräsentantenhaus gekommen und muss in wenigen Stunden nur noch den Senat passieren.

Die Kernkraftwerke Byron und Dresden sind damit zwar fast, aber noch nicht endgültig sicher. In Gundremmingen hatte Mark Nelson eine Riesenparty für diesen Fall angekündigt. Er musste seine Freude also noch zügeln, sie brach aber in seiner leidenschaftlichen Rede und in seiner Mimik durch.

Das neue Energie-Gesetz ist am Montag tatsächlich durch den Senat gekommen und die Kernkraftwerke von Illinois sind gerettet! Zum Glück ist das in Brüssel schon für diesen Fall vorgefeiert worden.

Südkorea: Von ganz arm zu reich mit Kernkraft

Der Vertreter von Südkorea erzählte von der Geschichte seines Landes, wie sie als ganz armes Land begannen und jetzt solche technologischen Erfolge feiern, als Exporteur für energieintensive Produkte. Bei ihnen ist der Preis für Kernenergie nur halb so hoch wie der von Gaskraftwerken und nur ein Drittel des Preises der Erneuerbaren.

Die Vertreterin aus Frankreich konnte sich für ihr Land rühmen, welches den größten Anteil an Kernenergie im Energiemix hat. Der CO2-Ausstoß von Frankreich ist daher dauerhaft und stabil niedrig.

roter Uran-Isotop-Mundschutz und handgeschriebenes Schild: Nuclear + RES = happy marriage

Stars und Sternchen

Drei hervorragende Sänger auf der Bühne lockerten mit zwei umgedichteten Liedern im Karaokestil auf. Sie besangen die Möglichkeiten und Vorteile der Kernenergie – “Imagine there’s no coal plants – Imagine there’s no pipelines”. Die Liedtexte von Madi Czerwinski waren vorher verteilt worden, so dass mit dem Publikum ein großer Chor entstand.

Vertreter der “Hunde für Kernkraft” holte sich den ganzen Tag Streicheleinheiten ab

Am Rande der Kundgebungen wurden zahlreiche Interviews geführt. Der in pronuklearen Kreisen beliebte kanadische Podcast Decouple sammelte eine Reihe von Stimmen ein.

Aus Amerika war der bekannte Umweltaktivist und Buchautor Michael Shellenberger angereist. Er traf sich mit einer Abgeordneten des Europaparlaments zu einem öffentlichen Online-Gespräch. Danach kam er auf die Kundgebung und informierte mit Videos auf Twitter über den Kampf gegen die Schließung der belgischen Kernkraftwerke, die nicht zuletzt auch Deutschland durch die fehlenden Importe fehlen werden.

Energiewende-Comics

Von französischen AktivistInnen hing eine kleine Comicausstellung aus, perfekt zum Stil Brüssels passend. In den Straßen der Stadt sind oft Comics an die Hauswände gemalt, weil zahlreiche Comic-Helden belgischen Ursprungs sind. Auch sprachlich passten die Comics zu den beiden in Brüssel gesprochenen Sprachen.

Deutschland mit klassischem Image:

“Energiewende über alles” steht über Kanzlerin Merkel
Tricheur, übersetzt Betrüger, ruft einer, der sich für grünen Wasserstoff abstrampelt dem zu, der den Wasserstoff (als Speicher zum Ausgleich der instabilen Stromversorgung mit Erneuerbaren Energien) mit Gas herstellt

Abgerundet wurde die Veranstaltung vorher durch ein gemeinsames Mittagessen und Abends mit dem Besuch einer Lokalität. Viele nutzten außerdem die Gelegenheit, auf dem alten EXPO-Gelände das Atomium zu besuchen. Einige trafen sich auch mit Abgeordneten des Europaparlaments zu Gesprächen.

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